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Manchmal sind wir Teil des Problems, nicht Teil der Lösung…..

Wir können uns selbst das Leben und die Arbeit so richtig schwer machen: Auf vielerlei Art aber insbesondere durch unser Denken. Im Moment kommen sehr viele meiner Kunden und Kundinnen mit großer mentaler Belastung ins Coaching. Ständige Attacken aushalten und parieren müssen, in nicht endend wollender Unsicherheit entscheiden müssen,so beschreiben viele gerade ihren Berufsalltag. Ein wahrlich aufreibender Zustand!

Letzte Woche berichtete mir ein Konzernvorstand, sichtlich mitgenommen, dass ein CEO einer Tochterfirma, bei dem er von Anfang an den Eindruck fehlender Solidarität spürte, jetzt alles tut, um ihn zu schädigen und abzusägen. Er ist daher nur noch in Habachtstellung und im Kampfmodus, dauerverspannt und schläft noch schlecht.

Ich habe ihn dann die Situationen und Dialoge möglichst detailliert beschreiben lassen und war erstaunt, denn keine der Situationen hat aus meiner außenstehenden Perspektive nach Angriff ausgesehen.

Im Coaching hat mein Kunde dann entdeckt, dass er sich gerade sehr angreifbar fühlt und daher Handlungen anderer mit diesem Interpretationsfilter beurteilt. Er hat sich eingestanden, sich verunsichert und nicht mehr fest im Sattel zu fühlen.  Ein Misserfolg im letzten Jahr und die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen waren der Nährboden dafür.

Wir haben dann die einzelnen Situationen noch einmal intensiv beleuchtet und mein Kunde hatte ein großes Aha-Erlebnis: sein mittlerweile verhasster CEO der Tochterfirma, hat gar nicht gegen den Chef gekämpft, sondern für seine eigenen Belange, die natürlich in einigen Punkten aus der Rolle heraus konfliktär sind. Der Konzernvorstand hat Angriffe erlebt, die gar keine waren. Aus dem Gedanken heraus, angegriffen zu sein, hat mein Kunde aber viele Gegenschläge vorgenommen und die Situation hat sich durch sein Zutun massiv zugespitzt.

Ein Dauerthema im Coaching-Alltag! Wir meinen, wir sehen die Dinge richtig und glauben alles, was wir denken. Die Bedeutung von Situationen bestimmen nämlich wir, durch den Rahmen, den wir ihnen geben. Wenn wir denken, das Gegenüber will uns Übles und stellt eine Bedrohung dar, ist das ebenso belastend, wie eine reale Bedrohung.

„Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind: Wir sehen die Dinge wie wir sind.“ Das aus dem Talmut stammende Zitat, das häufig Anäis Nin zugeschrieben wird, trifft den Punkt.  

Das menschliche Gehirn kann bauartbedingt nicht anders als zuordnen, einteilen und vergleichen. Jeder Sinneseindruck, der als Reiz  im sensorischen Teil des Hypothalamus ankommt, wird überprüft, inwiefern bereits eine Erfahrung im autobiographisches Gedächtnis und im limbischen System, unserer Gefühlswelt vorliegt: Ist er bekannt? Lässt er sich zuordnen? Gibt es Erfahrungswerte? Gibt es Zusammenhänge? Finden sich Ähnlichkeiten? Erst danach entscheidet sich, wie mit dem Sinneseindruck umgegangen werden kann.

Objektivität können wir nicht! 

Dennoch sind wir Menschen darauf angewiesen, mit unserer Umgebung in Beziehung zu gehen und uns dabei ein Bild von ihr zu machen. Solange alles unproblematisch läuft und diese Beziehungen reibungslos verlaufen, spielt es meist keine große Rolle. Wichtig wird die Unterscheidung dann, wenn es „knirscht im Getriebe“, wenn die Beziehung auf irgendeine Art problematisch wird: Missverständnisse, Wertungen, Deutungen und vieles mehr sorgen für Verletzungen, Ärger, Wut, Enttäuschung , Angst und im besprochenen Fall zu Gegenangriff und Daueranspannung.

Um dem zu begegnen hilft nur Reflexion. Manchmal sind wir Teil des Problems. Die gute Nachricht ist, dass wir dann auch Teil der Lösung sein können!